Sommeranlass 2022 - Die Zukunft lässt sich nicht voraussagen

An Aktualität konnte man den gestrigen Sommeranlass der FDP Erlinsbach wohl nicht überbieten. Mit der gleichentags angekündigten Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte war das von langer Hand geplante Referat zum Wert der Sicherheit der Schweiz mit Divisionär Daniel Keller, Kommandant der Territorialdivision 2, sehr gut besucht. Nach eloquenter Einführung durch Miriam Ragaz-Gassler, Präsidentin der FDP Erlinsbach, gab uns Divisionär Keller eine Einschätzung zur aktuellen Lage in der Ukraine.

Die Zukunft lässt sich nicht voraussagen und keiner der Anwesenden hätte wohl bis vor kurzem einen Krieg an der Grenze zu Europa für wahrscheinlich gehalten. Dies, obwohl sich die Grenzen in Europa in den vergangenen 200 Jahren laufend verändert haben und es weltweit aktuell ca. 58 Konflikte und Kriege gibt. Ein Drittel der Länder der Erde befinden sich zurzeit in mehr oder weniger grossen Konflikten. Der Ukraine-Konflikt wird nach Einschätzung von Divisionär Keller für uns die viel schwerwiegenderen Folgen haben, als es zum Beispiel bei 9/11 der Fall war. Wir verstehen erst heute wieder, was es eigentlich heisst für die Freiheit kämpfen zu müssen. Nach Einschätzung der Armee wird eher nicht davon ausgegangen, dass es zu einem Einsatz von Nuklearwaffen bzw. zu einem dritten Weltkrieg kommt. Es ist aber eher wahrscheinlich, dass wir uns auf einen länger anhaltenden Krieg in der Ukraine einstellen müssen.

 

Trotz teilweise anderslautenden Stimmen verfügt die Armee, als letztes strategisches Mittel des Bundes, gemäss Keller, mit der Konzeption Zukunft der Armee über ein klares Konzept und mit den fähigkeitsorientierten Armeebotschaften über einen klaren Plan zur Weiterentwicklung der Armee. Dabei sind auch die aktuellen Erkenntnisse aus dem Ukraine-Konflikt mehrheitlich schon in den Grundlagenberichten zur Zukunft der Armee wiedergegeben. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich Divisionär Keller aufgrund der aktuellen Lage nicht zu einem fundamentalen Richtungswechsel in der Ausrichtung der Armee veranlasst sieht, jedoch die Fähigkeit zum Kämpfen wieder gestärkt werden muss. Ein wesentlicher Pfeiler in seiner Territorialdivision 2 bleibt nebst dem Helfen und Schützen somit weiterhin die robuste Ausbildung zu kämpfen.

 

 

Sorge bereitet dem Kommandanten die aktuelle Alimentierung der Armee. Es fehlen pro Jahr rund 3000 - 4000 Angehörige der Armee, welche ihre Diensttage vollumfänglich erfüllen und ohne Menschen gibt es keine Armee, kann die Armee den Auftrag nicht erfüllen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Ein längerfristiger Lösungsansatz zur Alimentierungsproblematik ist vom Bundesrat jedoch erst im Jahre 2024 zu erwarten, was wiederum frühestens zu einer Abstimmung im Jahre 2028 führen wird. Kurzfristige Massnahmen versprechen zwar Linderung, aber das abschliessenden Schlusswort von Divisionär Daniel Keller fasst die Situation passend zusammen, „Sich für die Sicherheit von Land und Leute kümmern, ist eine Verbundaufgabe, die wir alle gemeinsam lösen müssen.“ Ein schönes Schlusszitat, welches die Stärken aber auch die Herausforderungen des Erfolgsmodels Schweiz passend zusammenfasst.

 

Text: Andreas Baertsch
Bilder: Alexander Marfurt